Wenn Faktenresistenz zur Masche wird

DHS / Pressemittleilung

Titel: “Verringerung von tabakrauchbedingten Gesundheitsschäden durch E-Zigaretten?” (10.10.2016)

Eine Weile war es still um Frau Dr. Pötschke-Langer, aber wenn ich ehrlich bin… vermisst hab’ ich nichts.
In einer Pressemitteilung der DHS (Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.), in dessen wissenschaftlichen Kuratorium sie Mitglied ist, kam sie nun mal wieder zu Wort. Diese Pressemitteilung ist ein Positionspapier , welches die DHS auf einer Fachtagung in Erfurt vorstellte und das von der dpa verbreitet wurde. In diesem nimmt die DHS erstmals Stellung zu Nutzen und Schaden der E-Zigarette. Und wer hätte es gedacht im Aufmacher steht bereits:

Auf der Grundlage aktueller Studien kann die DHS E-Zigaretten als Strategie zur Schadensminimierung (Harm Reduction) nur sehr eingeschränkt empfehlen

Und dann kommt schon der erste… öhm… nennen wir es mal Kracher… irgendwie witzig, wenn man den Witz erst verstanden hat.

Einzig Raucherinnen und Raucher, die nicht aufhören können oder wollen, erreichen durch den Umstieg auf E-Zigaretten eine Schadensminderung – allerdings nur dann, wenn sie vollständig auf E-Zigaretten umsteigen.

Also, hier steht gleich dreifacher Blödsinn. Zum ersten: Raucher (und auch die -innen) haben mit Rauchen aufgehört, wenn sie auf die “E-Zigarette” umgestiegen sind. Wollen sie also umsteigen… öhm, wie soll ich sagen… na, dann wollen sie offensichtlich mit Rauchen aufhören.
Und für die ist das dann also eine Schadensminimierung, das ist ja fast so was wie Einsicht bei der DHS.
Zum zweiten: Für alle Raucher, die mit dem Rauchen aufhören wollen, scheint das dann aber… hm… keine Schadensminimierung zu sein… oder so. Nee, ich kapier’s auch nicht. Ich glaube, der Knackpunkt ist, dass die DHS davon ausgeht, Dampfen sei Rauchen… tja, der Klassiker. Aber wird noch schöner!
Zum dritten: Diese Schadensminimierung tritt nur ein, wenn die Raucher vollständig umsteigen. Das ist auch so ein Klassiker… so einer, wie der mit dem Eisen im Spinat… zwanzig Zigaretten sind also so schädlich wie zehn. Ja, is klar. Das widerspricht nicht nur dem menschlichen Verstand, sondern auch medizinischen Fakten. Natürlich sind null Kippen besser als zehn, zehn aber eben auch besser als zwanzig. Es ist also völliger Nonsens, zu behaupten, die Reduzierung des Tabakkonsums bringt keine Schadensminimierung.
Und nun noch der Schluss vom Aufmacher:

Gleichzeitig warnen die Expertinnen und Experten vor dem langfristigen Gebrauch von E-Zigaretten. Denn E-Zigaretten sind nicht harmlos. Der beste Gesundheitsschutz ist nach wie vor der Rauchstopp. Ob E-Zigaretten zu einer Verminderung des Tabakkonsums führen oder gar den Ausstieg unterstützen, ist wissenschaftlich derzeit nicht belegt!

Jupp, da wird viel gewarnt… aber bewiesen wird da leider nur sehr wenig. Was vor allem gerne gemacht wird, ist, behaupten… einfach mal so. “E-Zigaretten” sind nicht harmlos… Punkt. Kann ich auch: Schweine können fliegen! Wahr wird das dadurch aber noch lange nicht… auch wenn’s lustig wäre… also das mit den Schweinen… zurück zum Text.
Zum Schluss haben wir eine… hm… nicht ganz so wahre Behauptung. Ich will mal nicht so sein, Irren ist menschlich. Blöder Weise gibt es nämlich mittlerweile wissenschaftliche Studien, die genau das belegen. Dampfen hilft definitiv, von der Fluppe weg zu kommen, und das in jedem Fall besser als alle Kaugummis und Pflästerchen zusammen.
Aber so was kann schon mal passieren, wenn man einfach die aktuellen Studien ignoriert. Die gefährden ja auch nur die eigene Meinung… nee, kann ich verstehen.

Wie schon erwähnt, das war erst der Aufmacher, die Einleitung, wenn man so will. Wie kann man in so wenig Text nur so viel Blödsinn packen… Respekt. Im Rest des Textes wird dieser Blödsinn dann noch weiter ausgeführt.
Hier werden jetzt wieder Grundrechenarten vertauscht, Dividieren mit Addieren… raffiniert. Im ersten Moment kommt es einem nämlich total logisch vor, dass, wenn jemand Zigarette und E-Dampfe benutzt, “einem nikotinhaltigen Produkt ein weiteres hinzugefügt wird”.

Nehmen wir doch mal so einen handelsüblichen Tag, der hat 24 Stunden. Jetzt kommt die Sensation, die hat er immer, egal ob jemand Raucht oder Dampft. Wenn ich also am Tag so ca. zwei Stunden rauche, dann werde ich wohl kaum plötzlich Zeit freiräumen, um zusätzlich auch noch zu dampfen. Logisch ist, anzunehmen, dass sich Zigarette und Dampfe diese zwei Stunden teilen müssen. Insgesamt konsumiere ich also weiterhin höchstens die gleiche Menge Nikotin, zur Hälfte allerdings auf harmlose Weise.

Hier wird auch wieder ganz geschickt das Nikotin ins Rampenlicht geschubst, man hat halt nix anderes, was wirklich zieht. Na, und Nikotin, das ist doch superböse, das weiß doch jedes Kind.
Nöpp, eben nicht. Es gilt nicht als Krebserregend und stellt, nach derzeitigem Wissensstand,… wie heißt es so schön… keine andere “signifikante Gesundheitsgefahr dar”. Übersetzt: Das Zeug ist harmlos, wenn man es sich nicht gerade spritzt. In diesem Zusammenhang wirkt der nächste Satz von Dr. Martina Pötschke-Langer merkwürdig absurd:

“Der beste Weg, tabakbedingten Erkrankungen vorzubeugen, ist der vollständige Rauchstopp. Die Reduzierung der Anzahl gerauchter Zigaretten oder der Umstieg auf weniger schädliche Nikotinprodukte sollte lediglich ein Zwischenschritt auf dem Weg zum Ausstieg aus dem Tabak- und Nikotinkonsum sein.”

Mal zum mitschreiben, es gibt keine “tabakbedingte Erkrankung”, die von Nikotin verursacht wird. Das machen alles die lustigen Sachen wie Blausäure, Kohlenstoffmonoxyd, Acrolein oder Formaldehyd. Die sind aber in der Dampfe nicht drin.

Wenn ich also nur noch dampfe, dann ist der Tabakkonsum weg. Und das Nikotin? Na, wenn’s nicht krank macht, warum sollte ich’s dann lassen? Der erste Satz macht ja noch Sinn… das danach… ich weiß ja nicht.
Für Frau Dr. Pötschke-Langer ist die Dampfe allerdings auch nichts anderes als ein “Nikotinprodukt”… kennt die Frau überhaupt das Wort “Genuss”?

Ein Klassiker fehlt aber noch, die Kinder und Jugendlichen. Aber Mooooment, der Text geht ja noch weiter:

Auch für Kinder, Jugendliche und erwachsene Nichtraucher, die zur E-Zigarette greifen, sieht die DHS Risiken: Zum einen sind die Kurz- und Langzeitwirkungen der Inhalation des E-Zigarettenaerosols unklar, vor allem auf die Lunge von Jugendlichen, zum anderen werden mit E-Zigaretten die „Rituale“ des Rauchens erlernt: Das Halten der Zigarette, das Inhalieren, das Ausstoßen des Aerosols können dazu beitragen, das Image des Rauchens wieder ins Positive umzukehren. Des Weiteren bleibt zu fragen, ob E-Zigaretten für Jugendliche den Einstieg in den Rauchtabakkonsum erleichtern. Der Probierkonsum unter Jugendlichen ist hoch, zum Teil sogar höher als für Tabakzigaretten. Wie drei Längsschnittstudien belegen, steigen Probierkonsumenten eher auf Tabakprodukte um als Niemalskonsumenten von E-Zigaretten.

Jippie, die Kinder! Ich erwähne mal so zum Spaß, dass Dampfen für Kinder und Jugendlicher in Deutschland verboten ist… die sind also schon geschützt, die muss man nicht mehr schützen!
Was die DHS mit Langzeitwirkungen meint, kann ich nicht sagen… 20, 30, 50 Jahre… aber zu der Kurzzeitwirkung… öhm… da is’ nix unklar. Das wurde sogar, man mag es kaum glauben, wissenschaftlich untersucht. Und die Ergebnisse: Passiert nix schlimmes. Und was das Dampfen mit den Lungen von Jugendlichen… hatte ich das mit dem Verbot…? Aber Kinder instrumentalisieren geht immer, vor allem, wenn man moralisch flexibel ist.

Dass Dampfen Rauchen wieder hübsch aussehen lassen würde… wie ich schon sagte, behaupten kann man viel. Und dann kommt natürlich noch *Trommelwirbel* der Gatewayeffekt… und das auch noch bei Jugendlichen… öffz. Was für “Längsschnittstudien” hier gemeint sind, es würde mich mal interessieren. Die Studien, die ich kenne, sagen da irgendwie was anderes, da gib’s keinen “Gatewayeffekt”.

Zusammenfassend stellt das Expertengremium der DHS fest: Raucherinnen und Raucher, die vollständig auf E-Zigaretten umsteigen, senken ihr Risiko, tabakbedingt zu erkranken. Gesamtgesellschaftlich erwächst daraus erst dann ein Vorteil, wenn viele (Tabak-)Raucher komplett zu E-Zigaretten wechseln und keine Neukonsumenten hinzukommen. Wie es nach der aktuell vorliegenden Studienlage jedoch aussieht, ist eher der duale Konsum die Regel. Außerdem sind E-Zigaretten für Jugendliche interessante Life-Style Produkte, die möglicherweise den Einstieg in den Tabakkonsum erleichtern.

Und da ist der ganze Nonsens nochmal geballt. Die Zusammenfassung könnte man so zusammenfassen:
Eigentlich ist die E-Dampfe toll, aber nur, wenn alle Raucher umsteigen würden. Aber weil die meisten nebenbei immer noch rauchen (was wir jetzt einfach mal behaupten und außerdem ignorieren, dass das immer noch besser wäre als würden die nur rauchen), ist die Dampfe dann doch scheiße. Außerdem: Die Jugendlichen!

Zum Schluss kommen noch mal die langfristigen Gesundheitsauswirkungen… gähn… die sind natürlich nicht einfach nur unbekannt… nöööööö… das Unbekannte ist grundsätzlich mächtig böse! Ich sag doch, in 50 Jahren fallen wir Dampfer plötzlich alle tot um.
Nun hext man eben noch Formaldehyd und Acetylaldehyd in das Aerosol und behauptet… das können die echt gut… Propylenglykol, Aromen und Nikotin seien gesundheitlich bedenklich, was auch immer das heißt.

Den in sich sinnleeren Schluss lassen wir uns noch mal sanft hinter der Zwirbeldrüse zergehen:

Nach derzeitiger Datenlage kommt die DHS abschließend zu dem Schluss, dass E-Zigaretten im Hinblick auf einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen nicht bedenkenlos als Harm Reduction-Strategie empfohlen werden können.

Hä? Wie? Was will uns der Autor da jetzt sagen? Ist das ein entschiedenes Jein? Mit “derzeitiger Datenlage” hatte der ganze Mist allerdings schon mal gar nix zu tun.

Nach mehrmaligem Lesen komme ich zu dem Schluss, dass dieses Positionspapier im Hinblick auf einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen nicht bedenkenlos als gesundheitlich unbedenklich empfohlen werden kann.

Link zur Pressemitteilung auf Archive.org: https://web.archive.org/web/20161012112104/http://www.dhs.de/fileadmin/user_upload/pdf/news/PM_E-Zigaretten_1.pdf

 

2 Gedanken zu „Wenn Faktenresistenz zur Masche wird“

  1. Leider ist der Link nicht mehr verfügbar, aber Danke dafür, dass es hier noch nachzulesen ist
    Habe diese Seite aus den großen Dampfer-Foren, das Internet vergisst nie

    Es scheint so zu sein, das alle Quellen zu diesem Bericht aus dem Netz gelöscht werden.

    • Warum auch immer der Text im Netz weg ist… hier isser (siehe: Ergänzung), jetzt auch komplett. Dieses wissenschaftliche Kleinod muss doch der Nachwelt erhalten bleiben!
      So, PDF wiedergefunden, Link aktualisiert und für bessere Übersichtlichkeit das komplette Zitat wieder entfernt. Schwitz…

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