Das Bundesministerium für Gesundheit hat auf Facebook mal so richtig einen rausgehauen. Ein lustiges Bildchen, mit ner echt knappen “Mässidsch”: Dampfen is scheiße, weil… is so. Oder so ähnlich. Was genau die Ministeriumsleute da sagen wollen… ich weiß es nich. Soll’n Raucher jetzt bei der Kippe bleiben, weil die Dampfe kein Lüftchen aus’n Alpen is? Oder wie oder was?
Ich hab das Ding mal so ernst genommen wie’s ging und hab nur mal kurz… ganz trocken und sachlich… meinen Senf abgesondert. Öhm… sollte zumindest kurz werden aber… is leider so’n klitzekleines bissel länger geworden.
Und weil der Text auf der Fazzebuck-Seite des BMG ja voll verschütt geht, wollt ich’s hier noch mal in die Pressewurst wurschteln… wo’s doch so viel getippsel war.
Weil’s ein Kommentar an ein Bundesminiserium is, hab ich mal versucht, so’n bissel seriös und der Kram… Hier also mein FB-Kommentar zur Infografik des BMG:
Nehmen wir diese “Infografik” des BMG doch mal ernst und gehen die Punkte einmal durch:
1. E-Zigarette ist keine “gesunde Alternative”
Nicht ganz falsch. So wie Cola, Kaffee, Schokoriegel oder die vom BMG empfohlenen Nikotinersatzprodukte auch. Aber was heißt denn nun genau “gesund” überhaupt? Dazu am Ende mehr.
2. Nikotin kann chronische Erkrankungen begünstigen
Hier muss ich leider passen, da ich nicht weiß, was für chronische Krankheiten das sein sollen. Hier wäre eine genauere Information des BMG wünschenswert. Herz- Kreislauferkrankungen können sie ja kaum meinen, denn dann würden sie im gleichen Maße auch vor Koffein warnen.
Eine “ungesunde” Eigenschaft hat Nikotin allerdings schon, das sollte ehrlicher Weise erwähnt werden.
Diese Betrifft jedoch im Grunde nur Menschen, die bereits an Krebs erkrankt sind. Da Nikotin die Überlebensfähigkeit von Zellen steigert und die Durchblutung verbessert, ist es bei einer Chemotherapie kontraindiziert.
Selber krebserregend ist Nikotin jedoch nicht.
Ansonsten sind die Wirkungen von Nikotin (wissenschaftlich belegt):
– verbesserte Konzentration
– Entspannung bzw. Anregung, je nach Menge
– verbesserte Feinmotorik
– Schutz vor M. Parkinson und M. Alzheimer
Übrigens: Eine suchterzeugende Wirkung von reinem Nikotin (ohne Tabak) konnte bis heute nicht nachgewiesen werden.
3. durch Verdampfen der Flüssigkeit können krebserregende Substanzen entstehen
Das ist so erst mal nicht falsch, aber sehr irreführend.
Denn krebserregende Substanzen entstehen nur bei unsachgemäßer Benutzung der E-Zigarette, so dass sie überhitzt.
Diese Überhitzung macht sich durch einen extrem unangenehmen Geschmack bemerkbar und der Dampfer würde unverzüglich aufhören, an der E-Zigarette zu ziehen.
Es wäre also so, als würde das BMG vor Schnitzel warnen, weil sie anbrennen können. Ein angebranntes Schnitzel würde jedoch niemand essen, daher ist diese Warnung sinnfrei.
Bei normaler Benutzung entstehen beim Dampfen keine krebserregenden Stoffe, das ist wissenschaftlich belegt.
Was ist “gesund”?
Kommen wir noch einmal zum “gesund”. Wenn wir “gesund” als etwas definieren, dass aktiv die Gesundheit fördert, dann sind E-Zigaretten, wie auch Cola, Kaffe oder Schokoriegel, nicht gesund.
(Auch wenn es Hinweise gibt, dass z.B. Propylenglykol in der E-Zigarette bei Infektionen der Atemwege helfen könnte, ist dieses durch klinische Studien noch nicht bewiesen.)
Aber wenn für das BMG nur diese Definition gilt, dann wäre NICHTS eine “gesunde Alternative” außer evtl. gesundheitsfördernde Medikamente (zu denen die vom BMG empfohlenen Nikotinersatzpräparate übrigens nicht gehören).
Wenn wir aber “gesund” als etwas definieren, dass die Gesundheit nicht nennenswert Schadet, wie etwa Cola, Kaffee oder Schokoriegel, dann wären E-Zigaretten in der Tat gesund.
Denn E-Zigaretten sind für einen gesunden Menschen nicht schädlich, das wurde mittlerweile wissenschaftlich recht klar belegt.
Etwas anderes anzunehmen ist weder wissenschaftlich logisch, noch durch Fakten gestützt.
Der bloße Konjunktiv und die Tatsache, dass man NICHTS ausschließen kann, reicht für eine fundierte Warnung meines Erachtens nicht aus. Außer, das BMG möchte demnächst auch Warnungen vor möglichen Meteoren herausgeben.
Fazit
Abschließend lässt sich sagen, dass diese “Warnung” vom BMG in meinen Augen jeder Substanz entbehrt und die Gesundheit und Leben von Menschen gefährdet.
Denn wenn ein Bundesministerium behauptet, es wäre keine Alternative, von einem Produkt, welches nachweislich über 70 krebserregende Stoffe freisetzt (zudem giftige Bestandteile wie Kohlenstoffmonoxid und Blausäure) zu einem Produkt zu wechseln, welches nachweislich bei normaler Benutzung keine krebserregenden Stoffe produziert und auch sonst keine schädlichen Substanzen freisetzt, dann halte ich das für sehr bedenklich.
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Und hier auch noch die Antwort von Dr. Bernd Mayer (über Facebook) auf dieses Wunderwerk eines BMG Grafikers (die Rückantwort vom BMG darauf unterschlage ich hier aufgrund ihrer Sinnfreiheit):
Alle drei Behauptungen des Ministeriums sind korrekt.
1. E-Zigaretten sind keine “gesunde Alternative”, weil gar nichts in unserem Leben 100 %-ig gesund ist.
2. Nikotin kann chronische Erkrankungen begünstigen, allerdings schützt es auch vor diversen chronischen Erkrankungen. Und warum das Ministerium nikotinhaltige Arzneimittel zur Raucherentwöhnung empfiehlt, vor dem Nikotin in E-Zigaretten aber warnt, bleibt wohl dessen Geheimnis.
3. Durch Verdampfen der Liquids können tatsächlich krebserregende Substanzen enstehen, allerdings nur in vernachlässigbaren Spuren. Relevant wird das allenfalls bei Verbrennung des Liquids an trockenen Wicklungen, also unter Bedingungen die Konsumenten wegen des ekelhaften Geschmacks tunlichst vermeiden. Auch Toastbrot kann mal unabsichtlich verkohlt werden, wird dann aber üblicherweise nicht verzehrt.
Das BMG sagt also die Wahrheit, aber leider nicht die volle Wahrheit. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass noch mehr Raucher auf weitgehend unschädliche E-Zigaretten umsteigen und sich damit der Entrichtung von Tabaksteuer entziehen (in D 2014: 14,3 Milliarden Euro).
Jemand hat mich gebeten, das BMG über die Fakten zu informieren. Das ist nicht notwendig, da die Leute dort die Fakten sehr genau kennen. Dass sie trotzdem versuchen durch diese öffentliche Aktion Raucher vom sinnvollen – und in vielen Fällen wohl lebensrettenden – Umstieg auf das Dampfen abzuhalten, ist ethisch verwerflich. Geld und Ideologie sind dem Ministerium offenbar wichtiger als die Gesundheit der Bevölkerung.
An alle Zweifler, die hier mitlesen: An den Folgen des Rauchens kann man sterben, an den Folgen des Dampfens nicht. Für nähere Informationen verweise ich auf einen Text, den ich kürzlich für umstiegswillige Raucher veröffentlicht habe: E-Zigaretten – Information für Konsumenten
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Artikel (bzw. Bild) des BMG auf Facebook: https://www.facebook.com/bmg.bund/photos/a.330642667098918.1073741828.323245001172018/852264871603359 (Archiviert)
Joey von Vapers.guru hat dazu auch was sinniges rausgelassen: “Das Problem mit der Harm Reduction“