Per Zufall stieß ich auf die Seite “knowyourdrugs.at”. Diese Seite, von der Fachstelle NÖ (Niederösterreich), soll junge Leute in puncto Tabak beraten. Ich weiß zwar nicht, wie die Fachstelle unbedingt auf diese Domain gekommen ist, denn Tabakwaren als Drogen zu bezeichnen… hm… nennen wir es mal ambitioniert.
Aber egal, das ist noch das harmloseste an dieser Seite. Ich habe mich auch nur auf den für mich interessanten Teil konzentriert, wo es um die E-Zigarette geht (der Einfachheit halber bleibe ich in diesem Artikel bei dem Terminus “E-Zigarette”).
Es gibt übrigens auch einen Menüpunkt “E-Shishas”, unter dem steht allerdings dasselbe wie bei E-Zigaretten. Was vielleicht daran liegt, dass es genau genommen keine E-Shishas gibt. Es gibt nun mal keinen funktionellen Unterschied zwischen E-Zigaretten und sogenannten E-Shishas. Das ist etwa so, wie mit Geld und Euro… ist irgendwie dasselbe.
Nun gut, nachdem schon das Menü den Kompetenzgrad der Seite dokumentiert, kommen wir zum Inhalt. Auf der Seite über die E-Zigarette findet man dann die “Facts”… ich glaube, die Betreiber der Seite haben sich nicht getraut, es “Fakten” zu nennen.
Es beginnt mit der Beschreibung, wie eine E-Zigarette funktioniert. Da kann man ja eigentlich nicht wirklich viel falsch machen… dachte ich. Aber die Oberflächlichkeit, die hier an den Tag gelegt wird, sagt etwas darüber aus, mit welcher Sorgfalt die “Facts” gesammelt wurden. Bei den “Profis” von der Fachstelle besteht Liquid zu 90% aus Propylenglykol und es gibt nur Einwegprodukte oder E-Zigaretten mit auffüllbaren Kartuschen. Konfetti…
Weiter im Text.
Ist sie wirklich weniger gesundheitsschädlich?
Hier hätte ein “Ja” im Grunde schon gereicht. Ich bin allerdings nicht mit Wäscheklammern gepudert, das habe ich natürlich nicht erwartet.
Aber das man krampfhaft versucht, ein “Nein” daraus zu machen… überrascht mich nicht. Nachdem wieder die Langzeitstudie durchs Dorf getrieben worden ist, darf man so einen echt wissenschaftlichen Satz lesen wie
Propylenglykol, der in Diskotheken vernebelt wird, kann mitunter Atemwegsirritationen auslösen. Die Gefahr einer Atemwegsreizung besteht vor allem für Kinder (Asthmagefährdung durch Passivrauchen). Außerdem können im Liquid und im Aerosol krebserregende Partikel enthalten sein.
Aber klar, die Disco haben wir schon immer als eine Problemzone für Atemwegserkrankungen gesehen. Ich kann mich noch an die vielen Demonstrationen von Pneumologen erinnern, die eine Verbannung von Propylenglykol aus Discos forderten, da es “mitunter Atemwegsirritationen” auslösen kann. Ja, und heute haben wir den Salat, Millionen von geschädigten, die an der Discolunge erkrankt sind…
Öhm… nee, is klar.
Die Gefahr für Kinder durch Passivrauchen sehe ich durchaus. Frage mich nur, was das mit Dampfen zu tun hat?! Oder hat hier die Fachstelle mal wieder Dampfen und Rauchen begrifflich durcheinandergewurschtelt? Ich weiß es nicht, denn eine Gefahr durch “Passivdampfen” gibt es definitiv nicht. Vor allem nicht, wenn man sich um Propylenglykol sorgt, denn das verbleibt fast komplett im Atemtrakt des Dampfers, findet sich also fast gar nicht im ausgeatmeten Dampf.
Aber auch wurscht, ein Dampfer schafft es gar nicht, ausreichend Nebel zu erzeugen, damit ein schädliches Niveau von irgendwas erreicht würde.
Jetzt kommen wir zum liebsten Kind der E-Zigarettengegner, das Nikotin.
Sofern es sich um ein nikotinhältiges Produkt handelt, ist die Gefahr eines raschen (Wieder-) Einsteigens in den normalen Zigarettenkonsum möglich. Nikotin macht abhängig, steht im Verdacht Krebs zu erzeugen und schädigt während der Schwangerschaft das Ungeborene.
Der erste Satz ist eine Behauptung, die allerdings blöder Weise noch durch keine einzige Studie belegt werden konnte. Im Gegenteil, bisherige Studien widerlegen diese Behauptung. Aber hey, möglich ist alles, vielleicht wächst einem durch “nikotinhaltige Produkte” auch ein Geweih…
Dann kommen drei weitere Behauptungen, oder sagen wir besser, eine Behauptung, eine Lüge und eine Vermutung. Leider wird das hier alles als “Fact” verkauft.
Wissenschaftlich gesehen sieht es derzeit eher so aus, dass Nikotin ungefähr so abhängig macht wie Koffein und auch in etwa so schädlich ist.
Wenn es um den Verdacht geht, Nikotin könne Krebs erzeugen… verdächtigen kann jeder viel, die Wissenschaft ist sich jedoch recht sicher, Nikotin nicht zu verdächtigen. Frag mal Mama WHO.
Und das mit den Schwangeren… da gibt es einen Verdacht, der auf Versuchen mit Mäusen basiert. Ich finde, bei Schwangeren sollte das absolute Vorsorgeprinzip gelten, also muss da nicht unbedingt Nikotin in den Körper. Aber wenn das hier wirklich ein Informationsportal für Jugendliche ist… öhm… ich glaube die Fachstelle hat auch einen Bereich “Sexualpädagogik”.
Die Conclusio dieses Abschnitts lautet dann natürlich auch:
Somit können auch e-Zigaretten nicht als gesundheitlich unbedenklich eingestuft werden.
Moment, ich beiß’ nur mal gerade in eine Tischplatte.
Belastungen der Raumluft – Schutz vor Passivrauch?
Geile Frage, schließlich gibt es bei der E-Zigarette keinen Rauch. Aber egal.
Hier wird nun von “krebserregenden Partikeln”, möglichen Atemwegsreizungen und dem gefährlichen Nikotin gesprochen.
Das ist so ein gequirlter Blödsinn… Entschuldigung, aber der sogenannte “Passivdampf” ist mittlerweile recht gut erforscht. Und die Studien haben nun mal ergeben, da is nix mit Gefahr. Jede weitere Bemerkung zu diesem Teil kommt mir wie Buchstabenverschwendung vor, daher belasse ich es hierbei.
Die rechtliche Situation in Österreich
…ist einfach nur traurig.
Ist die elektronische Zigarette ein Raucheinstiegsprodukt?
Fangen wir mal mit einem Zitat an:
E-Produkte sind sehr attraktiv für Kinder und Jugendliche. Buntes Design, geschmackliche Aromen (Vanille, Kirsche, Kaugummi, etc.) und die Neuartigkeit des Produkts schaffen es sogar nichtrauchende Jugendliche auf den Geschmack der e-Produkte zu bringen!
Nee, is klar, die Dampfen wurden im Grunde nur für Kinder erfunden, denn wir wissen alle, Erwachsene mögen keine Farben und hassen Süßigkeiten und Obst. Aber Achtung, geht noch besser. Ich sag nur “Gatewayeffekt”:
Die elektronischen Geräte ahmen Tabakprodukte nach und können einen Umstieg zu Zigaretten erleichtern. Dies macht sich auch die Tabakindustrie zunutze und zielt mit ihrer Werbung darauf ab, Nichtrauchende zur e-Zigarette zu bewegen.
Es gibt mittlerweile recht viele Studien zum Thema “Gatewayeffekt”, also dass Nichtraucher durch das Dampfen zu Rauchern werden, und jede dieser Studien zeigt, dass es diesen Effekt schlichtweg nicht gibt. Überhaupt waren nur 1 bis 2 Prozent der Dampfer Nichtraucher, bevor sie zur E-Zigarette gegriffen haben.
Woher dann noch die, an Verschwörungstheorie grenzende, Behauptung kommt, die Tabakindustrie würde speziell Nichtraucher bewerben, ist mir schleierhaft. Aber ich glaube, man wollte unbedingt noch mal den Eindruck erwecken, die böse Tabakindustrie wäre bei den E-Zigaretten der “Big Player”. Dabei hat “BigT” die E-Zigarette komplett verpennt und läuft jetzt hechelnd dem Markt hinterher… naja, Raucherlunge (Kalauer muss sein).
Kann ich mit der elektronischen Zigarette zum (sic!) Rauchen aufhören?
Kommen wir zum abschießenden Höhepunkt. Den gönnen wir uns mal in voller Länge:
Viele RaucherInnen stiegen rasch nach Aufkommen der e-Zigarette auf diese Alternative um, einige Wenige schafften den kompletten Rauchausstieg. Jedoch rauchen viele von ihnen mittlerweile (auch) wieder normale Zigaretten. Dies ist erklärbar durch das abhängig machende Nikotin und die Verfügbarkeit von Zigaretten zu jeder Tages- und Uhrzeit. E-Zigaretten halten das Rauchritual aufrecht und können dadurch den Rauchstopp erschweren. Ein Zurückkehren zur Zigarette passiert daher rasch und ungeplant.
Also, es fängt ja noch gut an, aber ab dem zwölften Wort sinkt das Niveau dann doch unter Meeresspiegel. Was sich beweisen lässt und wofür es Zahlen gibt, sind die vielen Exraucher, die jetzt dampfen. Dass es nur “einige Wenige” waren, die den Rauchausstieg mit der E-Zigarette geschafft haben… also ich konnte dazu nix finden.
Ganz unwissenschaftlich, aber eine wahre persönliche Erfahrung. Von fünf Rauchern, die ich kenne, mich eingeschlossen, haben vier mit der E-Zigarette von einem Tag auf den anderen komplett mit Rauchen aufgehört. Drei davon hatten das noch nicht mal vor, is einfach so passiert. Komischer Weise deckt sich das mit vielen Geschichten, die ich von Dampfern höre und auch offizielle Zahlen belegen eine echt hohe Erfolgschance.
Das mit dem “abhängig machenden Nikotin” hatten wir ja schon… gähn… und für die Verfügbarkeit von Zigaretten zu jeder Zeit und an jeder Tanke kann die E-Zigarette ja jetzt nichts. Am Ende hat die E-Zigarette auch noch die Dinosaurier ausgerottet, also echt.
Die letzten zwei Sätze sind an Nonsens das abschließende “Tadaa”.
Gerade weil es ein bisschen wie Rauchen ist, mit Wolke und so, kann man zur Zigarette so einfach winkewinke machen. Wie heißt es so schön: “It’s not a bug, it’s a feature!”
Ich habe auch nix darüber finden können, dass es eine “Rückfallquote” bei Dampfern gibt. Steht nirgends, nada, nix…
Ich bin mir sicher, die Leute von der Fachstelle NÖ meinen es echt gut… aber leider ist das Gegenteil von Gut nun mal gut gemeint. Und das ist hier der Fall. Hier wird nicht mit Fakten und echten Daten “informiert”, sondern mit Ideologien und Vorurteilen verunsichert.
Als Quellen… Trommelwirbel… werden das DKFZ (2014!), das BfR (2012!!) und die Europäische Kommission (2014) genannt. Das nenne ich mal eine ausgewogene und aktuelle Informationsbasis.
Link zur Seite: http://www.knowyourdrugs.at/e-zigarette/
Ich wollte eigentlich nach Propylenglykol recherchieren und da hat Google mich hierher gebracht. Ich bin weder Raucher noch habe ich je geraucht, aber das war wirklich sehr interessant geschrieben und dein Schreibstil ist so fabelhaft sarkastisch! Sehr cool,hat wirklich Spaß gemacht