Die Welle rollt, der Sturm bläst durch den Blätterwald, die Erde wackelt heftig. Angeblich sind in den USA Horden von Menschen durch die E-Zigarette krank geworden. Mittlerweile sollen es 153 Leutchen in 14 Staaten sein, die vom Nuckeln an der E-Fluppe im Krankenhaus gelandet sind. Da geht’s von Atemnot, über Lungenkollaps bis zu Durchfall und Erbrechen. Ein paar der Patienten brauchten etwas mehr Hilfe, teilweise wurden sie vorübergehend beatmet, aber keiner ist abgenibbelt, fast alle konnten recht fix wieder nach Hause und keiner scheint was Bleibendes zu haben. Das alles hat die Dampfe gemacht.
Zumindest, wenn’s nach BILD, Focus, RTL und Co. geht. Aber nicht nur der qualitative Bodensatz der deutschen Medienlandschaft hat diesen Unsinn verbreitet, leider machen beim Niveaulimbo echt alle mit. Da wird mehr als an den Tatsachen rumgebogen oder vielleicht mal etwas übertrieben, da wird teilweise herzhaft kräftig gelogen. Dagegen sehen Grimms Märchenbücher aus wie wissenschaftliche Abhandlungen. In der FAZ gibt’s mittlerweile sogar schon “Todesfälle”…
“Tabakkonzerne werben gern damit, dass die E-Zigarette viel weniger schädlich ist als die herkömmliche Zigarette. Todesfälle in Amerika lassen daran zweifeln.” (FAZ am 20.08.2019)
Blöd nur, dass da irgendwie die Leichen fehlen. Aber hey, warum nur ne Dose Prosecco schlürfen, wenn man gleich mit der Magnumflasche die Korken knallen lassen kann?! Die FAZ wollte wohl nicht nur den Vogel abschießen, sondern ihn gleich mit ner Flak ordentlich in der Luft zerfetzen. Wenigstens haben sie die Überschrift ein bissel abgeschwächt, war denen dann wohl doch eine Nummer zu dick. Hieß es anfangs noch “US-Behörden prüfen Todesfälle in Zusammenhang mit E-Zigaretten” prangt jetzt nur noch “Ist die E-Zigarette Schuld an Lungenkrankheit?” über dem textlichen Machwerk. Aber selbst das mit der “Lungenkrankheit” ist Schwachsinn, denn es geht hier nicht um eine Krankheit. Es ist ja auch keine Krankheit, wenn reihenweise Leute von gepanschtem Wein umkippen… würde ja keiner auf die Idee kommen, daraus eine Weinerositis oder Bacchusomie zu machen. Gut, außer vielleicht BILD, die können… sorry, machen alles.
Aber diese “Lungenkrankheit” findet sich fast überall im Mediendschungel. So kriegt die Sache mit der E-Zigarette einen schön bösen chronischen Touch.
Nur, von chronisch sind wir so weit weg, wie ein Mehlwurm von einer Dürrekatastrophe. Überhaupt ist das mit der Krankheit so eine Sache. Bis jetzt ist das ganze nämlich nur ein wursteliger Sumpf aus “könnte sein” und “weiß nicht genau”. Erst in den Medien wurde daraus eine “Lungenkrankheit” und die E-Zigarette der fiese Bösepeter. Aber auf diesen kompletten Flachsinn haben schon andere ganz gut ihre Funzel gehalten (Links gibt’s unten), deshalb will ich hier nur mal kürzigwürzig die ganze Sache aufrollen.
Angefangen hat’s mit etwa 22 Fällen vor allem in Wisconsin sowie den angrenzenden Staaten Minnesota und Illinois, alles also auf recht engem Raum. Das wird einem klar, wenn man bedenkt, dass zum Beispiel die Metropolregion Chicago sowohl in Wisconsin, als auch Illinois und Indiana liegt.
Bei den Fällen ging es vor allem um Atemnot und Übelkeit… so Kotzeritis und Flatulenz. In einem Fall war’s etwas heftiger, da musste der Patient kurzzeitig im künstlichen Koma beatmet werden. Aber alle konnten nach relativ kurzer Zeit wieder nach Hause. Abgenibbelt ist keiner.
Nun hatten die Ärzte das Problem, dass die keine Ahnung hatten, woher das ganze kam. Und das wissen die bis heute nicht. Infektionen konnten ausgeschlossen werden. Aber eine Sache hatten alle eingelieferten Leutchen gemein, sie haben gedampft. Also, und das ist ja soweit noch voll okay, wurde die Dampfe ein Hauptverdächtiger… oder besser gesagt, was in der Dampfe drin war. Denn wir reden hier nicht über die nette JUUL vom Supermarkt, sondern über merkwürdige Kartuschen von der Straßenecke. Zwar weiß man nicht bei allen, was die so gedampft haben, aber bei einigen ist klar, dass es vorgefüllte Tanks von der Straße waren, oft mit THC drin. Dazu hat das CDC bekanntgegeben:
“In many cases, patients have acknowledged recent use of tetrahydrocannabinol (THC)-containing products while speaking to healthcare personnel or in follow-up interviews by health department staff; however, no specific product has been identified in all cases, nor has any product been conclusively linked to illnesses.”
In vielen Fällen war also THC, der Glücklichmacher aus’m “Gras”, im Spiel. Jetzt ist auch nicht das THC unbedingt automatisch das Problem, aber dass es gedampft wurde eventuell. Denn das lässt sich nicht so einfach in das Liquid prügeln. Vor allem ist das Harz der Cannabispflanze, da ist nämlich das meiste THC drin, oft in fetten Ölen gelöst. Und fette Öle sind das letzte, was man im Tank haben will. Was sonst noch in den Kartuschen drin war, kann auch keiner sagen… pharmazeutische Qualität war das bestimmt nicht.
Um die Dampfe geht’s hier also gar nicht, sagt sogar das CDC, sondern um das, was drin war. Oder mit den Worten von Prof. Dr. Bernd Mayer: “Ist das Trinkglas Schuld, wenn Opa rein pinkelt?”
Aber machen wir doch mal’n Hüpfer nach hinten und gucken uns die ganze Soße von etwas weiter weg an. Wir haben in den USA so etwa 9 Millionen Dampfer und weltweit noch mal ein paar zig Milliönchen mehr. Seit über 15 Jahren machen Menschen auf dem Globus leckere Wolken und keiner ist bisher davon umgekippt.
Jetzt, ganz plötzlich, kriegen im Land der FDA ein paar Leutchen schlecht Luft, machen Kotzikotzi oder flattern sich die Rosette weg. Und auf einmal wird die Dampfe zur Todesmaschine? Ohne Leichen übrigens… nur noch mal für FAZ-Leser.
Jetzt mal ehrlich, haben hier alle das Denken verlernt? War so viel Evolution echt umsonst?
Fällt denn keinem auf, dass es schon irgendwie komisch ist, dass das ganze Zeug nur auf einem recht kleinen Fleckchen Erde passiert ist?! Außerhalb der USA gibt’s nicht einen Fall dieser neuen “Lungenkrankheit”. Wie gesagt, bei zig Millionen Dampfern auf unserer kleinen Kugel.
Klar, mittlerweile gibt’s 153 Fälle in 14 Bundesstaaten. Aber das ist ja auch kein Wunder, wenn jetzt jeder Dampfer mit ein bissel Atemnot oder Flatulenz automatisch mit auf die Liste gesetzt wird. Das ganze ist ein Selbstläufer geworden. Ich will nicht wissen, wie viele Colatrinker mit Blinddarmentzündung jedes Jahr in den Krankenhäusern landen. Epidemie?
Das weiß auch das CDC und schreibt selbst:
“Even though cases appear similar, it is not clear if these cases have a common cause or if they are different diseases with similar presentations.”
Es weiß also erst mal schon keine Sau, ob die Fälle überhaupt alle mit der Sache zu tun haben und erst recht kann man nicht sagen, dass es hier um ein Problem mit der Dampfe geht. Dass wir hier ein echt fettes Problemchen haben, wär so oder so etwas übertrieben, wenn von etwa 9 Millionen Dampfern in der neuen Welt 153 (das sind 0,002% der Wolkenmacher) irgendwelche Beschwerden haben.
Jetzt müsste also jeder, der nur so’n Fitzel Ahnung von der Materie hat und genug Hirnzellen, um mit Messer und Gabel zu essen, klar sagen, dass es hier nicht um die Dampfe geht… gar nicht gehen kann. Und da betritt Katrin Schaller vom DKFZ die Bühne:
“Ein Zusammenhang ist durchaus plausibel.”
Hä? Hier ist was plausibel? Ja, Dummheit, gepaart mit gepanschter Suppe in einer Dampfkartusche und anschließender “Ausnüchterung” im Krankenhaus. Da ist was plausibel. Aber ein Zusammenhang zwischen den 153 Fällen und der Dampfe ist so plausibel, wie der Zusammenhang zwischen den jährlich etwa 70.000 Toten durch Alkoholkonsum und Flaschen.
Außerdem kann man was “chronisches” eh ausschließen, dass würde dann nicht zuerst recht junge Dampfer treffen, die noch nicht sehr lange der leckeren Wolke frönen, und es würde sich bestimmt nicht auf den mittleren Norden der USA beschränken. Da wären dann zuerst die ganzen alten “Dampfersäcke” dran… und das weltweit. Aber weltweit gibt’s eben immer noch keinen einzigen Fall, dass einer vom Dampfen umgekippt ist.
Solche komischen Sachen wie “Krampfanfälle” durch die JUUL, eine “Dampfepidemie” unter Jugendlichen und eine mysteriöse “Lungenkrankheiten” von der gedampften Wolke, gibt’s nur im Land der FDA. Das alles gibt es nur in dem Land, in dem viele Bundesstaaten durch das “Tobacco Master Settlement Agreement” richtig fette Kohle mit dem gerollten Blätterwerk machen.
Noch mal zum mitschreiben und für alle Dampfer, die wegen der Sache jetzt Panik schieben wollen: Die Sache in den USA hat mit einer Gesundheitsgefährdung durch die Dampfe nix zu tun. Wegen dieser Fälle vor der Dampfe zu warnen, ist so, als würde ich vor Weingläsern warnen, wenn Leute wegen gepanschtem Wein umkippen. Da gibt’s nix zu diskutieren.
Was die Medien und leider auch ein paar “Fachleute” aktuell machen, ist nichts anderes, als Kot aus der Futterlucke abzusondern.
Sorry, ich weiß echt nicht, wie ich’s netter sagen soll. Und diesen Mist kann keiner mehr wegräumen, der ist jetzt in der Welt und den Geruch kriegst du nicht mehr aus der Wohnung.
Wenn wir jetzt nicht irgendwie einen Weg finden, endlich mal “zurückzuschlagen”, endlich mal das Heft in die Pfoten zu kriegen und in die Offensive kommen, dann wird’s noch echt fies für die Dampfe. Klar wird sie irgendwann, irgendwie am Ende “gewinnen”… hey, wir reden hier über harmlosen Disconebel mit Geschmack… aber vorher kann’s eben auch noch heftig böse werden.
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Artikel bzw. Videos zu dem Thema:
Vapers.guru: Epidemie: Geheimnisvolle Lungenerkrankung durch E-Zigarette
Reaktion von Prof. Dr. Bernd Mayer: Dampfen statt Rauchen Teil 20 – Mysteriöse Lungenerkrankung durch E-Zigaretten – tatsächlich? (Aktualisiert am 25.08.2019)
V.S.I.: Mysteriöse Lungenkrankheit durchs Dampfen?
V.S.I.: Update(24.08.) zur mysteriösen Lungenkrankheit (Aktualisiert am 24.08.2019)
Matzes-Plauderecke.de: FAKE-News
Verbände zu dem Thema:
VdeH: E-Zigaretten nicht ursächlich für Lungenerkrankungen; Mahnung zur journalistischen Sorgfalt
BfTG: E-Zigaretten sind sichere Alternative
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CDC zu dem Thema: CDC, FDA, States Continue to Investigate Severe Pulmonary Disease Among People Who Use E-cigarettes
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Ein Ausschnitt des medialen Misthaufens:
Die FAZ und ihre Toten: Ist die E-Zigarette Schuld an Lungenkrankheit?
Zeit Online: Im Blindflug in die Sucht
Focus: Krank wegen E-Zigaretten: Lungenarzt schließt Gefahr für Dampfer in Deutschland nicht aus
EDIT: Mittlerweile soll einer “vom Dampfen” gestorben sein… noch weiß man aber nicht wirklich viel darüber. Die FAZ hatte wohl gerade ihre Glaskugel poliert, als sie das voraussah. Das alles ändert nur nix an der Tatsache, dass, wie schon geschrieben, hier vor Weingläsern gewarnt wird, weil einer gestorben ist, nachdem er irgend ein giftiges Zeug aus selbigem getrunken hat. (Aktualisiert am 24.08.2019)